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186 Tage später...


Heute ist der letzte Tage meines ersten Reiseabschnittes bevor es morgen wieder zurück nach Deutschland geht und ich merke, dass mir der Kopf nur so schwirrt.

 

Immer wenn ich feststelle, dass ich vor lauter Gedankenkarussell nicht mehr schlafen kann, setzte ich mich hin & nehme mir die Zeit, mein Innerstes auf Papier zu bringen.

Ich sehe mich jetzt schon konfrontiert mit den Fragen:

"Und, wie war dein URLAUB?", "Hast du gefunden, wonach du gesucht hast?", "Bleibst du jetzt mal zuhause?", "Wirst du dir jetzt wieder einen 'ordentlichen' Job suchen", "Warum bist du schon wieder hier, wir hätten so früh nicht mit dir gerechnet?", "Welches Land hat dir am Besten gefallen?", "Was hat deine Reise denn jetzt gekostet?" usw. 

 

Ich nutze diese Plattform hier einfach Mal, um mir diese Fragen vorweg einmal selbst zu beantworten. Mal sehen, ob ich den "Publish"-Button klicke...



Na, wie war dein 'Urlaub'?

Was versteht ihr denn unter "Urlaub"?

Also ich persönlich definiere 'Urlaub' als entspannte 1-3 Wochen des Abschaltens in einer doch eher schicken Unterkunft, Bücher lesend und in der Sonne bruzelnd. Eine Zeit, in der ich mich um nichts als um mein Wohlergehen kümmern muss, vielleicht den ein oder anderen Tagesausflug unternehme, leckeres Essen genieße und mich schon fast anfange, mich tiefen zu entspannen. 

 

Diese Art von Urlaub mache ich im Jahr, wenn es hochkommt, auch gerne 1, 2 Mal. Aber ich war definitiv nicht auf Urlaub die letzten 6 Monate ;-)


Ja, ich habe gefunden wonach ich gesucht habe

Ich bin selbst immer wieder erstaunt, was ich doch wieder & wieder von meinen Reisen lernen kann. Es stimmt wohl wenn man sagt "Jede Reise verändert dich" - das kann ich definitiv bestätigen - egal wie oft und lange man schon unterwegs gewesen sein mag. 

 

Dieses letzte halbe Jahr habe ich 3, für mich 'neue' Länder & 3 'alte' Länder bereist. Die einen länger und intensiver, die anderen kurz und knackig - und dennoch nehme ich aus jedem einzelnen Land etwas - und am Ende was ganz Großes für mich - mit. 

 

Ich habe die letzten 186 Tage unter Hindus, Buddhisten und Muslimen gelebt, um abschließend über 300 Kilometer lang einen christlichen Pilgerweg entlang der Westküste der iberoromanischen Halbinsel gen Santiago de Compostela zu laufen.

 

Ich habe erlebt, was es heißt, auf einer asiatischen Insel zu wohnen, die immer wieder Unruhen, Naturkatastrophen und zuletzt Terroranschlägen zum Opfer fallen musste.

 

Ich habe einen privaten Konflikt zwischen Anhängern 2er Religionen erlebt, der in mir eine Angst geweckt hat, die ich nicht in Worte fassen kann. 

 

Ich habe unheimlich bereichernde Bücher gelesen, mir die Zeit genommen, das Gelesene zu verinnerlichen & darüber zu meditieren.

 

Ich habe ein halbes Jahr fast nur Englisch geredet, Französisch und Spanisch wieder wachgerüttelt, Sanskrit Klassen besucht und damit begonnen, Tamil zu lernen. 

 

Ich ernähre mich wieder vegetarisch & mir wurde noch bewusster, was "Gesundheit" bedeutet und wie wichtig es ist, den Körper richtig zu versorgen. 

 

Ich habe wochenlang ununterbrochen geschwitzt, wie noch nie in meinem Leben, Hautprobleme - schlimmer als in meiner Teenagerzeit, ich habe 4 neue Narben am Körper, eine Wundinfektion und einen Sonnenstich hinter mir und seit über 2 Wochen das Patellaspitzensyndrom in beiden Knien. 

 

Ich habe gelernt, was "Yoga" wirklich bedeutet, wie hart es ist, den Ozean lesen und verstehen zu wollen, dass ich nicht verloren bin, wenn ich mitten im burmesischen Niemandsland einen platten Radreifen habe, wie es sich anfühlt, 25 Kilometer durch die thailändische Hauptstadt zu laufen und 300 Kilometer durch Portugal und Spanien. 

 

Fremde wurden Reisebekanntschaften, Wegbegleiter, Lehrer, Kollegen, Freunde - und davon sicher einige für's Leben.

 

Ich habe Altes aufgearbeitet, angefangen mich selbst zu sehen und zu schätzen, mich verliebt. Ich habe mich umsorgt und allein gefühlt, angekommen und verloren. Ich habe Hochs und Tiefs und das Privileg erlebt, Ruhe, einen leeren Terminkalender, keine Verpflichtungen und einfach nur Zeit für mich zu haben. Ich habe angefangen zu verinnerlichen, wie man Dinge annehmen und andere Loslassen kann. 

 

Ich habe ein ganzes Packelemt Klamotten vergessen, meine Ukulele, mein Nackenhörnchen, meine Schlafbrille und noch so einige Dinge in Bussen, an Flughäfen und in Hotels liegen gelassen und dafür umso tollere Klamotten von Reisefreundinnen geschenkt bekommen. 

 

Ich habe das erste Mal in meinem Leben in einem Yoga-Ashram gelebt und in einem Kloster geschlafen, eine Yoga Ausbildung gemacht, das Holi (miteinhergehend meine ersten pinken Haarsträhnen) & indische & singhalesische Festivals gefeiert , eigene vier Wände direkt am Strand als mein Zuhause und eine Affenfamilie als meine Nachbarn bezeichnen dürfen, ein Tuktuk chauffiert & zum Umstürzen gebracht, burmesische Zigarren geraucht, Atlantikwellen gesurft, einen Pilgerweg zurückgelegt, als Networker online gearbeitet, meine Haare mit einer Küchenschere geschnitten.

 

Ich hatte meine ersten Bed Bugs Begegnungen, habe meine erste (und hoffentlich letzte) Nacht im singhalesischem Krankenhaus verbracht, einen Japaner als meinen ersten Yoga-Schüler unterrichtet, Tomaten-Anbau auf einem See bestaunt und Lotus-Weberinnen bei der Arbeit beobachtet, meinen ersten Flugausfall & unseriöse Mitfahrgelegenheit erlebt und für eine Pilgergruppe von Spanisch auf Englisch Übersetzer gespielt. 

 

Ich bin einige Male geflogen, mit Booten und Schiffen gefahren, mit Tuktuks, Rollern, Mopeds und Motorrädern durch die Länder gedüst, habe Busse, Taxis, Uber und Mitfahrgelegenheiten genutzt, ein Auto geliehen, ich bin mit der Radrikshaw und einem Leihfahrrad, mit der Bahn, Tram und Metro von A nach B gekommen, ja ich habe mich sogar zu einer Gondelfahrt überreden lassen - aber ich bin das erste Mal mit meinen eigenen 2 Beinen über 300 Kilometer in 12 Tagen gelaufen. 

 

Aber vor allem habe ich festgestellt, dass mir das "Reisen" wie früher, also das ständige Zelte abbrechen, das permanente Aufsaugen von neuen Eindrücken, der Reisesmalltalk und Kurzzeitbekanntschaften, nicht mehr so viel gibt wie es mal war.

 

Das langsame Reisen, slow traveling, das wirkliche Ankommen an neuen Orten, bei den Menschen und vor allem bei selbst, das ist es, was ich nicht gesucht aber doch gefunden habe!



Der Ruf der Heimat

Ja, ich komme ein paar Monate nach Hause - etwas früher als einmal angedacht, aber zu einem Zeitpunkt wo es mir nicht mein Termin- oder Flugplan vorschreibt, sondern wo mir mein Gefühl sagt, dass es jetzt notwendig und wichtiger ist bei meiner Familie zu sein. 

 

Nein, ich bleibe nicht für länger in Deutschland und nein, ich suche mir keine Festanstellung für längerfristig.

Solange mir meine flexiblen, ungebundenen Jobs Spaß machen und mich über Wasser halten, werde ich weiterhin so durch die Welt streunen, bis ich vielleicht einmal keine Lust mehr dazu habe und mit Haus und Hof sesshaft werde :-) 


Welches Land hat dir bisher am Besten gefallen?

Diese Frage ist sehr leicht zu beantworten.

Ich habe bisher 59 Länder bereist, davon möchte ich keines missen und mir haben alle gefallen. 

 

Viel wichtiger ist die Frage, wonach du suchst, für was du dich interessierst, was deine Intention und Erwartung ist.

Möchtest du schöne Strände sehen, neue Kulturen erleben, im Urwald wandern gehen, Elefanten in freier Wildbahn erleben, eine neue Sprache lernen, exotisches Essen ausprobieren, Wüstendünen entlang laufen, Klettern, Wandern, Surfen, Skifahren,...

 

Anfänglich hatte ich Europa gar nicht auf dem Schirm. Aber als ich so in Sri Lanka meine Ruhe und das Nichts-Tun genossen habe, bin ich wieder auf mein Visionboard zurückgekommen und habe mir überlegt, was ich so als nächstes anstellen könnte. Ich war zuvor schon 3 Mal in Portugal und 7 Mal in Spanien - aber irgendwie hat es mich wieder zurückgezogen und nachdem man hier sowohl Surfen, als auch Wandern kann, ich flexibler für eine spontane Heimreise bin und eine Freundin hier eine Woche Urlaub machen wollte - ja, warum nicht? Mir noch unbekannte Länder werden auch nicht davon laufen :-) 



Bis bald :-) 

Gute Reise und letzte Grüße aus Portugal!

Eure Saskia 

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